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Prof. Dr. Tautz

Ein Hintergrundgespräch

Prof. Dr. Tautz über die Faszination am Bienenleben und seine Motivation zur Partnerschaft mit bee careful.

Geboren wurde er 1949 im südhessischen Heppenheim. Von 1968 bis 1973 studierte er Biologie, Geographie und Physik an der TU Darmstadt bis er 1986 in Zoologie habilitierte. Seit 1990 ist er Professor am Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und gründete 2006 die interdisziplinäre Forschungsplattform HOneyBee Online Studies.

Heute gilt er als einer der renommiertesten Bienenforscher Deutschlands. Im Interview erzählt er über die Faszination am Bienenleben und seine Motivation zur Partnerschaft mit bee careful.

Prof. Dr. Tautz, was fasziniert Sie persönlich an Bienen?
Nun ja, die Biene ist den Menschen viel näher als viele wissen. Bienen gründen Staaten – so wie wir Menschen auch. Bienen erscheinen dem Beobachter fleißig, selbstlos, treu und in ihrem Staat super organisiert. Wir sollten uns immer wieder vor Augen führen, dass die Biene das drittwichtigste Nutztier des Menschen ist. Ohne ihre Bestäubungsaktivität hätten wir keine Landwirtschaft. Ohne Landwirtschaft kein Übergang zur Sesshaftigkeit. Und ohne Sesshaftigkeit keine Städte. Kurzum: Ohne die Hilfe der Biene wären wir Menschen wohl nie zu Staatsgründern geworden.

Warum haben Sie sich für die Bienenforschung entschieden? Was treibt Sie an?
Das sinnvolle Zusammenwirken Zehntausender von Bienen, ohne dass es dafür eine befehlsgebende Instanz gibt, zieht den Betrachter sofort in den Bann. Es gibt unglaublich viele Parallelen zum menschlichen Verhalten. Bei der Erforschung von Bienen kommen sehr ähnliche Fragen auf wie bei der Erforschung des menschlichen Gehirns:

Welche Eigenschaften müssen die einzelnen Bausteine – die Bienen stehen hier für die Nervenzellen des Menschen – besitzen und wie müssen sie zusammenwirken, damit das System – also das Bienenvolk bzw. das Gehirn – derart erstaunliche Gesamtleistungen zustande bringt?

Mein persönlicher Antrieb ist die Neugier, verbunden mit der Überzeugung, dass es gerade bei den Bienen noch viele Geheimnisse aufzudecken gibt.

Umso besorgniserregender, dass es den Bienen nicht so gut zu gehen scheint. Wo sind die größten Probleme der Bienen derzeit?
Die Honigbiene ist in der modernen Kulturlandschaft auf den Menschen angewiesen. Das beginnt mit dem Fehlen natürlicher Nistmöglichkeiten – die Biene ist ursprünglich ein Waldinsekt und braucht hohle Bäume. Das setzt sich fort in der Notwendigkeit, gegen Bienenkrankheiten und Parasiten vorzugehen, bis hin zur Fütterung der Bienen nach der Honigentnahme durch den Imker.
Die Biene lebt heute unter anderen Bedingungen, als denjenigen, an die sie von der Selektion angepasst worden ist. Ohne wertende Reihenfolge sind folgende Probleme identifiziert worden:

  • Neu aufgetretene Parasiten wie die Varroa-Milbe
  • Krankheiten, die möglicherweise immer drastischer wirken, weil das Immunsystem der Bienen geschwächt ist und die Krankheitserreger und Parasiten immer effizienter werden
  • Aspekte der modernen Landwirtschaft wie Monokulturen und stark verkürzte Blühperioden: Nach der Raps-Ernte gibt es zum Beispiel nicht mehr genügend Nahrung für die Bienen
  • Moderne Pestizide (vor allem Stoffe, die den Neonicotinoiden angehören) mit toxischer Wirkung auf das Nervensystem von Bienen und allgemein Insekten

Außerdem sollte man mögliche negative Aspekte einer Erbgutveränderung durch Zuchten nicht außer Acht lassen. Genauso könnten sich die klimatischen Veränderungen auf die Gesundheit der Bienen auswirken. Aber besonders dramatisch ist natürlich eine Kombination aus diesen Faktoren, da diese in der Regel gleichzeitig auftauchen.

Was muss sich aus Ihrer Perspektive zukünftig ändern, damit es der Biene wieder besser geht?
Dass es den Bienen rasch besser gehen kann, möchte ich bezweifeln. Aber es ist schon viel gewonnen, wenn wir erreichen, dass es ihnen nicht noch schlechter geht. Wir müssen einfach noch mehr über das Leben der Bienen wissen. Insbesondere über ihre Fähigkeiten, mit Umweltstress und Krankheiten umzugehen. Das bedeutet: Förderung der Grundlagenforschung. Genau dieses Ziel verfolgen wir gemeinsam mit den Schwartauer Werken und der Initiative bee careful.

Was sind die wissenschaftlichen Ziele der bee careful-Bienenstation in Bad Schwartau?
Es gibt deutschlandweit bislang nur zwei Bienen-Forschungsstationen dieser Art: Eine Station befindet sich in Würzburg, wo ich auch lehre und forsche. Die andere Station befindet sich auf dem Gelände der Schwartauer Werke in Bad Schwartau und wurde im Sommer 2014 in Betrieb genommen. Nur durch eine Installation derartiger Forschungsstationen in unterschiedlichen klimatischen Umgebungen, lässt sich festmachen, welche Umweltfaktoren das Leben eines Bienenvolkes erheblich beeinflussen und welche nur eine geringe oder gar keine Rolle spielen. Es ist der vergleichende Aspekt, der hier im Zentrum steht!

Warum ist es so gut, dass gerade in Schleswig-Holstein eine weitere Bienenstation steht?
Innerhalb Deutschlands kommt so eine extreme Spannbreite geographischer Breiten und Klimaeinflussbereiche zustande. In Schleswig-Holstein herrscht ein Ostsee-Klima vor, in Würzburg spielt die fränkische Trockenplatte eine Rolle. Es ist uns jetzt erst möglich, solche Einflussfaktoren bei der Erforschung der Bienengesundheit zu berücksichtigen. Mit den beiden Stationen haben wir eine bisher weltweit einmalige Ausgangslage zur Erforschung der Biologie der Honigbienen.

Warum haben Sie sich für eine Kooperation mit den Schwartauer Werken entschieden?
Schwartau ist ein Unternehmen mit glaubhaft vorgetragener und umgesetzter sozialer Verantwortung. Das ist für mich ausschlaggebend. Schwartau ist außerdem ein Unternehmen, das nicht bei Lippenbekenntnissen stehen bleibt, sondern bereit ist, etwas zu tun – nachhaltig und umfassend.

Sehen Sie: Die Bedeutung der Biene ist in der Fachwelt bekannt und viel diskutiert. Mit Schwartau haben wir die Möglichkeit, auch an die breite Öffentlichkeit zu treten und diese für die Situation dieses wichtigen Nutztiers zu sensibilisieren.

Wie bewerten Sie das Konzept von bee careful in Kombination mit ihrer eigenen Plattform HOBOS? Inwiefern ist dies eine ernsthafte, zielführende und vor allem wirkungsvolle Initiative?
bee careful erweitert die Möglichkeiten zur Grundlagenforschung an Bienen, bietet einen Zugang in die Schulen in Schleswig-Holstein und verbreitet ganz erheblich die Plattform des HOBOS-Teams in die Öffentlichkeit. Ohne das Interesse, Verständnis und die Handlungsbereitschaft der Öffentlichkeit würde die Bienenforschung eine rein akademische Angelegenheit bleiben.

Welche Forschungsleistungen sind bislang aus dem Bienenstock in Würzburg hervorgegangen?
Man sieht nahezu täglich etwas Neues und das hat einen einfachen Grund: Die bisherige Bienenforschung war immer mit einer Störung des Bienenvolkes verbunden. Man öffnet den Bienenstock – man bringt Licht hinein – man reduziert die Größe eines Bienenvolkes, um es in einen kleinen Beobachtungsstock umzusetzen. Es lässt sich so nicht entscheiden, inwieweit diese Eingriffe das Verhalten der Bienen beeinflussen oder überhaupt erst bedingen.

Mit der Bienen-Forschungsstation ist das Leben der Bienen komplett ungestört beobachtbar. Wir konnten vor Kurzem wichtige Erkenntnisse über das Schlafverhalten der Bienen ziehen und herausfinden, dass Bienen vor dem Ausschwärmen mehr als ein Kilogramm Honig verbrennen. So bringen Sie sich Flugtemperatur. Vielleicht können wir ähnliche Forschungsergebnisse ja schon bald auch mit der Station in Bad Schwartau erzielen.

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